Michael Rickert: Stilles Leben? Mitnichten!

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Kein stilles Leben: Es ist nicht das erste Mal, dass er als Künstler und Kunsterzieher mit den Arbeiten seiner Schüler an die Öffentlichkeit tritt. Der Münsteraner Künstler Michael Rickert schafft für seine eigenen Arbeiten und für die seiner Schülerinnen und Schüler immer wieder spektakuläre Plattformen und öffentliche Auftritte. Er sucht das Gespräch mit dem Publikum und dem Betrachter.

stilles Leben

Begrüßung durch Petra Schüßler, die Hausherrin  des Hotel-Restaurants Prinzenbrücke – Foto Jörg Bockow

Michael Rickert ist nun bereits zum dritten Mal mit einer eigenen Ausstellung im Hotel Prinzenbrücke in Hiltrup vertreten. Diesmal hat er unter dem vieldeutigen Titel „Kein stilles Leben: MeisterSchüler – SchülerMeister“ neben einer eigenen großformatigen Arbeit – knapp vier Meter breit –  auch mehr als 100 aktuelle und individuelle Arbeiten seiner Schülerinnen und Schüler aus Grund- und Leistungskursen der 12. Klasse des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums mitgebracht. Sie sind allesamt in seinem Unterricht und unter seiner Ägide entstanden. In ihnen spiegelt sich sein kunsterzieherisches Ethos gleichermaßen wider wie sein eigenes künstlerisches Credo.

stilles Leben

Kunsthistorikerin Dr. Sabine Makein-Kirchner

Am 19. April wurde die sehenswerte Ausstellung mit einer Vernissage eröffnet. Viele der jungen Künstlerinnen und Künstler nahmen selbst an der Würdigung teil. Unter den neugierigen Gästen waren selbstredend auch zahlreiche Eltern und eine Handvoll Kollegen aus dem Kardinal-von-Galen-Gymnasium.

Als Laudatorin würdigte die Kunsthistorikerin Dr. Sabine Makein-Kirchner die Leistungen der Schülerinnen und Schüler sowie die ihres Kunsterziehers. Kein stilles Leben – so lässt sich der Künstler wie auch sein Werk auf den Punkt bringen. Wir zitieren einige interessante Passagen aus ihrer Laudatio.

stilles Leben

Dr. Sabine Makein-Kirchner mit Künstler Michael Rickert

„Eure bildnerischen Arbeiten konzentrieren sich auf Vor-Bilder der Blütezeit der ‚historischen‘ Stillleben, das heißt: des Barock, zuweilen auch auf die Kunst bis 1800. (…) Das Anliegen der Stillleben-Maler war es,  neben der rein ästhetischen Erscheinung einerseits Objekte der  Natur und des alltäglichen Lebens zu erfassen, andererseits  aber auch moralische Reflexionen, politische Anspielungen oder religiöse Lehrmeinungen als verschlüsselte Botschaften zu vermitteln. (…)

Malerei und auch Stillleben sind uns zu Bilder-Rätseln  geworden: Beispiele: Immergrünes Efeu steht in der christlichen Ikonographie für das Ewige Leben, rote Weintrauben für das Blut Christi, Stundengläser und Schädel deuten auf den Vanitasgedanken und warnen uns vor aller Vergänglichkeit. Kleine Echsen und ähnliches Ungetier deuten auf das Böse, den Teufel. Der Schmetterling – jedoch – ist durch die Verpuppung der erwachsenen  Raupe in einem Kokon eben zum schönen Schmetterling,  Sinnbild für die Auferstehung Christi.

Trotz zahlreicher versteckter mahnender Hinweise sind Stillleben immer auch Zeichen für den Wohlstand, das Prestigedenken des aufstrebenden, wohlhabenden Bürgertums und des Adels. Man zeigte schon damals sehr gerne, was man hat. (…)

Fast allen Malern war eins gemeinsam: Sie durchliefen in einer Schule, in einer Künstlerwerkstatt eine langjährige Ausbildung. Sie lernten von ihrem Lehrer, ihrem Lehr-Meister. Nach dem Erwerb wichtiger Mal-Kenntnisse, durften oder mussten sie ihrem Lehrer zu arbeiten. Häufig arbeiteten beide an ein und demselben Bild, was die Kunsthistoriker später zu der schwierigen Frage führte, welches Bild-Detail vom Schüler, welches vom Lehrer ausgeführt wurde.

Die Zusammenarbeit hier – zwischen Euch Schülern miteinander und mit Eurem Lehrer Michael Rickert, ist zweifelsfrei von anderer Qualität. (…) Diese Mal-Aufgabe bedeutete für viele von Euch den ersten Kontakt mit einer Leinwand und Ölfarben. (…) Die zusätzliche Hürde der Lasurmalerei bedeutete in einem über viele Wochen sich hinziehenden, langwierigen wie mühsamen  Mal-Prozess in dünnen, transparenten Farbschichten eine gelungene Modellierung plastischer Bildgegenstände durch Licht und Schatten zu erreichen.

Was Ihr wohl manches Mal hoch-emotional geflucht habt, sodass ein ‚stilles Leben‘ in Euren Arbeitsräumen gar nicht möglich war –  Euch aber letztlich – und das zu Recht – über die gelungenen Arbeiten und den gewünschten Erfolg richtig freuen durftet und dürft.(…) Ihr habt die schwierige Aufgabe und die Vorgaben Eures Lehrers, ‚des Meisters‘ künstlerisch befolgt und hervorragend gelöst und dürft Euch folglich ‚MeisterSchüler‘ nennen. (…)

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Michael Rickert: Stillleben

Als Künstler sehen Sie sich, Herr Rickert, einer Richtung, nämlich der modernen Malerei, dem Surrealismus, verpflichtet, der auf die Darstellung des Überwirklichen zielt. Hier ‚unternimmt der Künstler den Versuch, sich als unmittelbar tätiger Künstler zurückzunehmen, was heißt, es dem schöpferischen Zufall zu überlassen, durch das geplante Experiment im künstlerischen Tun den Betrachtern in eine Parallelwelt zu unserer Welt – ‚eben‘ der Surrealität – Zugang zu verschaffen‘. (…)

Was für uns als Betrachter des fast vier Meter breiten Gemäldes wichtig ist, sind die Arbeitsweisen, die aktuell das Wirken von Michael Rickert durchziehen:

‚Das Eine ist das Arbeiten mit asymmetrischen Spiegeln. Hier wird zunächst sorgfältig eine Tafel mit einer Vorzeichnung gestaltet, diese über Farbe in eine Textur gesetzt, so dass so etwas entsteht wie ein Relief. Dann wird die zweite Tafel darüber gelegt, die beiden Tafeln werden verpresst, schließlich mit einem großen Kraftaufwand wieder auseinander gerissen. Erst dann beginnt der eigentliche Vorgang des Malens‘ in der schon bekannten Lasurtechnik – ähnlich wie bei den Schüler-Arbeiten. In dem vorgestellten Bild umfasst der Farbaufbau jedoch bis zu 30 Schichten.

Das Zweite ist das Einbringen von Metallen in die Malerei, ja sie direkt als Mittel der Malerei zu verwenden: Die Pigmente unterschiedlicher Farben basieren zu einem großen Teil auf der Verwendung von zerriebenen und behandelten Metallen.

Als weitere künstlerische Reaktion auf die Schüler-Arbeiten gelten die zum Teil zitierten Formate der Täfelchen, die zunächst klar erkennbar, dann einem Verfremdungsprozess der Form und der Farbe unterzogen wurden. Letztlich zeigt das Bild ‚Kein stilles Leben‘ absichtlich etwas völlig Anderes als die Ursprungsgestaltung. Lediglich die Farben sind deutlich  erkennbar. Während sie bei Rickert in einem Eigenleben verlaufen, behalten die Täfelchen der Schülerinnen und Schüler eine sorgfältige Konturierung der Formen.

So lässt sich letztlich auch das ‚SchülerMeister‘ im eigentlich Sinne  erklären: ‘Der Meister – so sagen Sie, Herr Rickert  – reagiert künstlerisch auf die wundervollen Bilder seiner Schülerinnen und Schüler.’ Und was wir heute in dieser tollen Ausstellung sehen dürfen, ist eine außergewöhnliche Zusammenarbeit von Euch Schülerinnen und Schülern und Ihnen, Herr Rickert.“

Hotel-Restaurant zur Prinzenbrücke, Osttor 16, 48165 Münster, Tel. 02501/16914, www.restaurant-zur-prinzenbruecke.de

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